Ob als Antwort auf den drohenden Fahrermangel oder als Mittel zur Steigerung der Effizienz – autonomes Fahren hat das Potenzial, Lösungen für einige der größten Herausforderungen in der sich schnell entwickelnden Transportwirtschaft zu bieten. Mehr noch: Es verspricht, die Zukunft der Logistik grundlegend zu verändern.
Da sich der Transportsektor auf diesen bedeutenden Umbruch einstellt, stellen sich mehrere Fragen. Was bedeutet das autonome Fahren als Konzept? Wie funktionieren automatisierte Fahrsysteme? Und wann werden selbstfahrende Schwerlastfahrzeuge für den Straßenverkehr zugelassen?
Auf dieser Seite werden die verschiedenen Facetten des autonomen Fahrens beleuchtet. Dazu gehören aktuelle Entwicklungen und die verschiedenen Automatisierungsgrade. Außerdem wird untersucht, wie die Technologie, die selbstfahrende Lkw antreibt, funktioniert.
Was bedeutet autonomes Fahren?
Autonomes Fahren bezieht sich auf selbstfahrende Fahrzeuge oder Transportsysteme, die selbstständig beschleunigen, bremsen und navigieren können. Während selbstfahrende Systeme in der Produktion eingesetzt werden, geht es im Zusammenhang mit Transport auf der Straße um automatisierte Fracht, bei der kein Lkw-Fahrer hinter dem Lenkrad sitzt.
Ein Beispiel dafür sind autonome Hub-to-Hub-Verbindungen. Mit dem Ziel, den Einsatz autonomer Lkw in der Logistikpraxis beschleunigt zu realisieren, haben die TRATON-Marken Scania, MAN und International im März 2024 mit dem US-amerikanischen Unternehmen Plus eine Entwicklungspartnerschaft zum autonomen Fahren geschlossen. Die Zusammenarbeit soll die Entwicklung von fahrerlosen Transporten zwischen Logistikhubs weiter voran treiben. Fahrerloses Fahren zwischen Logistikhubs hat das Potenzial, die Wirtschaftlichkeit der Kunden zu erhöhen, die Emissionen zu senken, die Verkehrssicherheit zu verbessern und gleichzeitig dem weltweit wachsenden Fahrermangel entgegenzuwirken. Positive praktische Erfahrungen beim autonomen Hub-to-Hub-Verkehr gibt es beispielsweise beim Projekt von Scania mit dem Lieferkettenexperten HAVI. Seit 2022 pendelt hier ein autonomer Lkw autonom auf der rund 300 Kilometer langen Strecke zwischen den schwedischen Scania-Werken in Södertälje und Jönköping. Darüber hinaus wird die autonome Technologie auch auf privaten Gewerbeflächen wie Häfen und Bergwerken eingesetzt.
Die Automatisierung bietet das Potenzial, die Effizienz zu steigern und die Betriebskosten zu senken, während gleichzeitig die Sicherheit erhöht wird.
Selbstfahrende Lkw: die Logistik von morgen
Der Straßenverkehr ist das Rückgrat des globalen Handels. Die Transportbranche setzt zunehmend auf autonome Lkw, um das steigende Frachtaufkommen zu organisieren. Angesichts der wachsenden Frachtnachfrage bieten autonome Lkw eine skalierbare Lösung für die effiziente Bewältigung großer Gütermengen.
Ein weiterer Faktor, der berücksichtigt werden muss, ist der Mangel an qualifizierten Lkw-Fahrern. Schätzungen zufolge werden bis 2027 allein in Deutschland rund 185.000 Lkw-Fahrer fehlen. Durch den Einsatz autonomer Technologien und die Verringerung der Abhängigkeit von menschlichen Fahrern können die Unternehmen diesen Mangel abmildern.
Die Ablösung von Lkw mit Verbrennungsmotor durch selbstfahrende Modelle mit E-Antrieb wird die Logistiklandschaft neu definieren. Denn autonome Fahrzeuge versprechen pünktliche und sichere Lieferungen und mehr Schutz im Straßenverkehr. Dies wird den Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil in Bezug auf Kosteneffizienz, Zuverlässigkeit und Reaktionsfähigkeit auf die Marktanforderungen verschaffen, da sie ihre Lieferkettenabläufe optimieren und die Kundenbedürfnisse effizienter erfüllen können.
Mit der Weiterentwicklung der automatisierten Technologien wird erwartet, dass autonome Lkw neue Geschäftsmodelle in der Lkw-Branche unterstützen und finanzielle Wachstumschancen bieten werden. Neue Einnahmequellen werden durch das Konzept Transport-as-a-Service (TaaS) möglich. Darüber hinaus werden Unternehmen in der Lage sein, automatisierte Fahrzeuge für Ridesharing, Shuttle-Dienste und innovative Mobilitätslösungen anzubieten. In der Logistikbranche werden autonome Lkw die Effizienz optimieren und die Betriebskosten senken, insbesondere bei Langstrecken-Lkw-Transporten von Hub zu Hub.
Die durch den autonomen Lkw-Verkehr generierten Daten liefern in Zukunft wertvolle Erkenntnisse über Verkehrsmuster und Nutzerverhalten. Infolgedessen werden sie für kommerzielle Lkw-Hersteller zu einem Vermögenswert für die Monetarisierung werden.
Von Null bis Fünf: die Stufen des autonomen Fahrens
Im Jahr 2014 veröffentlichte die SAE (Society of Automotive Engineers) International die Norm J3016, um die verschiedenen Entwicklungsstufen der Automatisierung zu definieren, die von Stufe 0 (keine Automatisierung) bis zu Stufe 5 (vollständige Fahrzeugautonomie) reichen.
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Ein Fahrzeug der Stufe 0 kann mit sehr einfachen Assistenzfunktionen wie Warnhinweisen ausgestattet sein. Dies fällt jedoch nicht unter die Kategorie der Fahrautomatisierung; es wird weiterhin vollständig vom Menschen bedient.
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Dies ist die niedrigste Stufe des automatisierten Fahrens. Das Fahrzeug verfügt über ein einziges automatisiertes Fahrerassistenzsystem zur Unterstützung des menschlichen Fahrers. Zu den Funktionen gehören ein adaptiver Tempomat oder ein Spurhalteassistent. Beide werden als Stufe 1 eingestuft, weil der Fahrer andere Aspekte des Fahrens wie Lenkung und Bremsen überwacht.
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Auf Stufe 2 ist das Fahrzeug teilautomatisiert, da es mit fortschrittlichen Fahrerassistenzsystemen (ADAS) ausgestattet ist. Diese können unter bestimmten Bedingungen sowohl die Lenkung als auch die Beschleunigung/Verzögerung gleichzeitig steuern. Diese Automatisierungsstufe reicht jedoch nicht an das autonome Fahren heran, da eine Person auf dem Fahrersitz sitzen bleiben und bei Bedarf die Kontrolle übernehmen kann/muss.
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Stufe 3 bedeutet einen höheren Grad an Selbststeuerung durch bedingte Automatisierung. Auf dieser Stufe kann das Fahrzeug fundierte Entscheidungen selbst treffen und die meisten Aufgaben unter bestimmten Bedingungen selbst übernehmen. Der Fahrer kann sich aus der aktiven Steuerung zurückziehen und dem Fahrzeug Aufgaben wie das Navigieren im Verkehr oder das Einparken überlassen. Er muss jedoch wachsam bleiben und bereit sein, die Kontrolle zu übernehmen, wenn das System nicht in der Lage ist, die Aufgabe zu erfüllen.
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Fahrzeuge der Stufe 4 sind in der Lage, in bestimmten Bereichen mit vordefinierten Bedingungen völlig autonom zu fahren. Dazu gehören städtische Umgebungen oder spezielle selbstfahrende Fahrspuren. Es kann also ohne menschliches Zutun operieren und Aufgaben ausführen, zum Beispiel selbständig einparken. Solange sich Gesetzgebung und Infrastruktur nicht weiterentwickeln, ist ihre Autonomie jedoch auf bestimmte Anwendungsfälle beschränkt. Das Fahrzeug muss in ungewohnten oder schwierigen Situationen immer noch vom Menschen gesteuert werden.
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Stufe 5 ist die höchste Stufe und bedeutet vollständige Automatisierung unter allen Bedingungen. Es ist kein menschliches Eingreifen erforderlich. In einem Fahrzeug der Stufe 5 sind kein Lenkrad, keine Beschleunigungs- und Bremspedale und keine anderen Bedienelemente erforderlich, die typischerweise mit dem menschlichen Fahren verbunden sind. Das Fahrzeug ist so konzipiert, dass es alle Fahraufgaben übernimmt, die Insassen sind im Wesentlichen Passagiere.
Die Technologie hinter dem fahrerlosen Lastwagen
Sowohl Technologie- als auch Verkehrsunternehmen haben in den vergangenen Jahren selbstfahrende Technologien entwickelt. Fahrerlose Systeme nutzen eine Kombination aus modernen Technologien und Software. Fortschrittliche Sensoren fungieren als Augen und Ohren der fahrerlosen Fahrzeuge.
Welche Sensoren und Technologien werden in autonomen Fahrzeugen eingesetzt?
- Radar: Misst Entfernungen zu Objekten und relative Geschwindigkeiten mithilfe von Mikrowellen
- Mono- oder Stereokameras: Unterstützen die Erkennung von Hindernissen und Gefahren
- Ultraschallsensoren: Messen Entfernungen von Objekten im Nahbereich
- LiDAR: Misst Entfernungen zu Objekten und relative Geschwindigkeiten mithilfe von ultravioletter oder infraroter Strahlung oder sichtbarem Licht.
Diese Geräte sammeln und verarbeiten riesige Mengen an Daten. Diese werden dann in eine integrierte Software eingespeist, die auf hochentwickelten Algorithmen künstlicher Intelligenz (KI) basiert und Anweisungen an die Beschleunigungs-, Brems- und Lenksysteme des Fahrzeugs sendet. Die Technologien arbeiten zusammen, um die Umgebung wahrzunehmen, einen Navigationspfad zu planen und Entscheidungen in Echtzeit zu treffen. So wird sichergestellt, dass das Fahrzeug sicher und effizient fährt. Deep Learning verbessert die Fähigkeit des Systems, sich mit der Zeit anzupassen und zu verbessern.
Fahrerlose Fahrzeuge werden durch Technologien wie 5G miteinander vernetzt werden. Diese Konnektivität wird es ihnen ermöglichen, mit anderen Fahrzeugen und der Infrastruktur zu kommunizieren, um den Datenaustausch in Echtzeit zu erleichtern und das Verkehrsmanagement insgesamt zu verbessern. Dies wird zu einem effizienteren und reaktionsfähigeren Verkehrsökosystem führen.
Alles eine Frage der Sicherheit
Rund 90 % der Verkehrsunfälle werden durch menschliches Versagen verursacht. Das autonome Fahren soll die Sicherheit im Straßenverkehr grundlegend verbessern, indem diese Art von Unfällen auf ein Minimum reduziert wird. Dieses Potenzial für mehr Sicherheit wird auch zu einer Verbesserung des Verkehrsflusses und zur Verringerung von Staus durch die Kommunikation zwischen den Fahrzeugen führen.
Sicherheit ist auch ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung vollautomatisierter Fahrsysteme. Ingenieure legen Wert auf strenge Tests, bauen Redundanzen in die Sensorsysteme ein und integrieren ausfallsichere Mechanismen zur Risikominderung. Mit dem Voranschreiten der autonomen Technologie wird dieser proaktive Sicherheitsansatz von zentraler Bedeutung sein, um das Vertrauen der Öffentlichkeit und die Zustimmung der Behörden zu gewinnen.
Wann wird autonomes Fahren vom Gesetzgeber erlaubt?
Trotz seines immensen Potenzials ist es noch ein weiter Weg, bis das autonome Fahren auf öffentlichen Straßen in großem Umfang eingesetzt wird. Zunächst muss die Technologie weiter verfeinert werden, um ihre Zuverlässigkeit zu erhöhen. Viele Menschen stehen der autonomen Technologie skeptisch gegenüber, und die Akzeptanz der Öffentlichkeit muss erst hergestellt werden, bevor selbstfahrende Fahrzeuge erfolgreich in das Verkehrsnetz integriert werden. Hinzu kommen komplexe Versicherungs- und Haftungsfragen im Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit.
Wie aber sehen die rechtlichen Rahmenbedingungen für das autonome Fahren aus? Im Panel Talk beantworten Experten von TRATON, Scania and International offene Fragen. Ein besonderer Fokus liegt auf den Fragen, warum autonomes Fahren eine wichtige und innovative Technologie für die Automobilindustrie ist, wie der Status Quo der gesetzlichen Regelungen in den verschiedenen Ländern ist und wie sich die TRATON GROUP, insbesondere Scania und International, in dieser Hinsicht positioniert.
Hier geht es zum Video:
Das europäische Verkehrsnetz ist derzeit nur teilweise für selbstfahrende Fahrzeuge geeignet, da die Infrastruktur unzureichend ist und es an den erforderlichen Fahrspuren, Beschilderungen und Kommunikationssystemen fehlt. Der erfolgreiche Übergang von fahrerabhängigen zu autonomen Strecken erfordert eine sorgfältige Planung und die Integration fortschrittlicher Technologien. Jede Bewertung der Effizienz von menschlichen Fahrern gegenüber autonomen Fahrsystemen muss Faktoren wie Erfahrung, Anpassungsfähigkeit und differenzierte Entscheidungsfindung berücksichtigen. Dies muss gegen die Präzision, die ständige Aufmerksamkeit und die potenziellen Kosteneinsparungen, die die autonome Technologie bietet, abgewogen werden.
Schließlich gibt es noch einige rechtliche und regulatorische Anforderungen, die ausgehandelt werden müssen, bevor die Zukunft des autonomen Fahrens ernsthaft beginnen kann. Verschiedene zur Rechtsprechung befugte staatliche Institutionen auf der ganzen Welt, wie die US-Bundesregierung und einige Mitgliedstaaten der Europäischen Union, haben damit begonnen, Gesetze und Verordnungen zu erlassen, um fahrerlose Fahrzeuge zu ermöglichen. Für den weltweiten Einsatz von autonomen Lkw sind jedoch einheitliche Gesetze und ein standardisierter Rechtsrahmen unerlässlich.
Erfahren Sie mehr über die Automatisierung und die in der Entwicklung befindlichen Lösungen der TRATON GROUP bei Scania und MAN.