Neugier, Offenheit und der Wunsch, etwas zu bewegen: Das sind die Bausteine der Laufbahn von Daliana Vargas. Ihr Weg führte sie von der Biologie über die Datenanalyse zum Schwerlasttransport. Heute bringt sie ihr Wissen in Internaitonal’s Abteilung für Umwelt- und Nachhaltigkeit ein, wo sie sich einigen der komplexesten Herausforderungen der TRATON GROUP stellt: Emissionen zu senken, Kreislaufwirtschaft voranzutreiben und Menschenrechte entlang der Lieferkette zu stärken.  

Ob im Stahlwerk, um Chancen der Dekarbonisierung zu erkunden, oder bei der Suche nach innovativen Partnerschaften zur Wiederverwendung von Batterien für Elektrofahrzeuge – Dali verbindet wissenschaftliche Neugier mit strategischem Weitblick. In diesem Gespräch gibt sie Einblicke über die Chemie des Wandels – im wörtlichen wie übertragenden Sinn – spricht über die Bedeutung von Ausdauer und erzählt, warum es neben Datenanalysen auch darauf ankommt, andere zu inspirieren. 

Wie bist du zu International gekommen? 

Mein Weg war alles andere als geradlinig. Ich habe Biologie studiert und meine Abschlussarbeit in angewandter Statistik gemacht. Als ich gerade auf Jobsuche war, war Navistar – heute International Motors – bei uns vor Ort aktiv auf Personalsuche. Eines Tages meldete sich eine Recruiterin mit einem Angebot – es ging um eine Stelle im Global Truck and Bus Procurement Joint Venture. Das war eine Beschaffungskooperation, die zwischen der TRATON GROUP und International noch vor der Fusion gegründet wurde. Ich startete als Datenanalystin, sammelte Daten von International und erstellte Angebotsanfragen (RFQs), um die Zusammenarbeit zu fördern und Synergien zwischen den Marken zu schaffen. 

Wie war die Arbeit im Global Truck and Bus Procurement Joint Venture? 

Es war intensiv, fast wie ein Bootcamp. Es gab sehr viele Projekte und die Kolleginnen und Kollegen aus den verschiedenen Marken hatten alle ihren eigenen Arbeitsstil. Ich habe viel gelernt und bin später in den operativen Bereich gewechselt, wo ich direkt im Einkauf tätig war. Begonnen habe ich als Datenanalystin, bevor ich die Verantwortung als Sourcing Managerin übernahm, Verhandlungen leitete und für Warengruppen wie Kabelbäume und Batteriekabel zuständig war. 

Welche Erfahrungen haben deinen weiteren Werdegang geprägt und dich dazu gebracht, dich auf Nachhaltigkeit zu fokussieren? 

Ich kam zu Beginn der COVID-Pandemie zu International. Plötzlich standen wir vor Lieferengpässen und mussten aus dem Homeoffice die Produktion aufrechterhalten. Es war ein Crashkurs in Krisenmanagement. Später wechselte ich zum Zentrum für gebrauchte Nutzfahrzeuge von International. Dort arbeitete ich an Preisstrategien für Inzahlungnahmen und verfolgte Restwerte. Dabei wurde mir bewusst, welche langfristigen Auswirkungen unsere Beschaffungsentscheidungen haben. Einige der Fahrzeuge kamen schon nach drei oder vier Jahren wieder zurück. 

Diese Rückläufer brachten mich zum Nachdenken: Habe ich bei der Beschaffung die richtigen Fragen gestellt? Habe ich langfristig gedacht?  

Mir wurde klar, dass ich mehr bewegen will und nahm Kontakt zu einer Kollegin auf, die gerade ein Nachhaltigkeitsteam im Einkauf aufgebaut hatte. Zum 1. Januar 2024 wechselte ich in ihr Team und arbeite seitdem im Bereich Nachhaltigkeit.

Daliana Vargas besichtigt ein Stahlwerk, während flüssiges Roheisen gegossen wird.
Daliana Vargas besichtigt ein Stahlwerk, während flüssiges Roheisen gegossen wird.

Worauf liegt der Schwerpunkt deiner Arbeit im Bereich Nachhaltigkeit? 

Meine Arbeit konzentriert sich auf die drei gemeinsamen Wirkungsbereiche der TRATON GROUP: Dekarbonisierung, Kreislaufwirtschaft und Menschenrechte. Ein besonderer Fokus liegt auf Scope-3-Emissionen – also den Emissionen, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette entstehen, insbesondere durch eingekaufte Materialien wie Stahl.

Beginnen wir mit der Dekarbonisierung – wie sieht deine Arbeit in der Praxis aus? 

In meinem ersten Jahr ging es vor allem darum, so viel wie möglich zu verstehen. Ich traf mich mit unserem Rohstoffteam, besuchte Stahlwerke im Mittleren Westen der U.S.A und lernte, was den Unterschied zwischen einem Hochofen und einem Elektrolichtbogenofen ausmacht. Durch diese gigantischen Anlagen zu laufen, ist beeindruckend; ihre Dimensionen lassen sich selbst in Videos kaum einfangen. Mich faszinierte, diese Erfahrung mit Daten zur Chemie und Emissionen in Verbindung zu bringen. Jetzt sammeln wir Emissions-Intensitätsfaktoren von Lieferanten, vergleichen Wettbewerber und schaffen die Grundlage für strategische Beschaffungsentscheidungen. Jedes Stahlwerk hat seinen eigenen Fahrplan zur Emissionsminderung und wir müssen sicherstellen, dass dieser mit unseren Zielen übereinstimmt. Das ist viel Grundlagenarbeit, aber spannend, weil diese Entscheidungen die Zukunft prägen werden. 

Und die Kreislaufwirtschaft – wie kommt die ins Spiel? 

Wir konzentrieren uns zunächst auf die Wiederaufbereitung, insbesondere bei Batterien für Elektrofahrzeuge. Ich arbeite eng mit unserem Chief Engineer zusammen, der mit einem Unternehmen namens „Renewance“ kooperiert. Statt Batterien zu recyceln, was oft bedeutet, sie zu Schwarzmasse zu verarbeiten, versuchen wir, sie wiederaufzubereiten und weiterzuverwenden. Manchmal muss nur eine einzelne Zelle ersetzt werden, warum also den Rest wegwerfen? Außerdem arbeiten wir mit Porsche und Audi in Nordamerika zusammen, um gemeinsame Recyclinglösungen zu entwickeln, die über die klassische Verwertung hinausgehen. 

Die dritte Säule eurer Nachhaltigkeitsarbeit ist das Thema Menschenrechte. Wie sieht diese Arbeit aus? 

Das ist ein sehr wichtiger Bereich. Ich bin Beschwerdestellenleiterin und kümmere mich um Lieferanten-Compliance-Fälle, die faire Arbeitsbedingungen, ethische Geschäftspraktiken und Umweltauflagen betreffen. Dazu gehört unter anderem die Untersuchung von Hinweisen, die über unser Beschwerdesystem eingehen. 

Jeder Fall ist anders. Je nach Situation arbeiten wir mit Lieferanten zusammen, um Standards zu verbessern – oder wir empfehlen den Ausstieg aus der Zusammenarbeit.

Wie bleibt man motiviert, auch wenn man nur langsam Fortschritte macht?

Nachhaltigkeitsarbeit ist nun einmal langfristig angelegt und soll Wirkung zeigen. Deshalb ist es wichtig, mehrere Projekte parallel voranzutreiben. Wenn das Rohstoffteam beispielsweise die Beschaffung eines Materials vorbereitet, das hohe Emissionen verursacht, kann die Wahl eines Lieferanten mit klaren Reduktionsplänen einen positiven Einfluss haben. Die Integration von Emissionsdaten in den Entscheidungsprozess braucht aber Zeit. 

Die Erhebung von Basisdaten mag zunächst wie ein kleiner Schritt wirken. Doch diese kleinen Erfolge schaffen Bewusstsein. Beim nächsten Beschaffungsprozess stellen die Teams die Nachhaltigkeitsfragen oft schon selbst, noch bevor ich ins Gespräch komme. Dann wird Nachhaltigkeit zur Norm. Ich habe nicht das Gefühl, alles allein stemmen zu müssen. Die vielen kleinen Projekte summieren sich und unser kollektives Handeln zeigt Wirkung.

Daliana Vargas, Sustainability Manager bei International im modernen Firmensitz des US-Unternehmens
Quote

Für mich geht es darum, eine Gemeinschaft von Menschen aufzubauen, denen Nachhaltigkeit wichtig ist. Und genau dann wird echte Veränderung wirklich greifbar.

Daliana Vargas Sustainability Manager International Quote

Als ich mein Studium und meine Karriere begann, hätte ich nie gedacht, dass Nachhaltigkeit einmal mein Berufsfeld werden würde. Heute möchte ich andere dafür sensibilisieren – von meinen Praktikantinnen bis hin zur Schulklasse meiner Tochter. Sie weiß genau, was ich tue und ihre Mitschülerinnen und Mitschüler auch, weil ich ihre Schule schon besucht und mit ihnen darüber gesprochen habe. Diese Gespräche sind wichtig: Sie zeigen, dass es viele Wege gibt, sich für Nachhaltigkeit einzusetzen – und dass jede und jeder einen Beitrag leisten kann. Für mich geht es darum, eine Gemeinschaft von Menschen aufzubauen, denen Nachhaltigkeit wichtig ist. Und genau dann wird echte Veränderung wirklich greifbar.