Welchen Stellenwert hat für DB Schenker das Thema Kooperationen? Etwa beim Aufbau einer Ladeinfrastruktur für batteriebetriebene Lkw?

Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern, einschließlich Fahrzeugherstellern, Infrastrukturbetreibern und Behörden, ist entscheidend, um eine flächendeckende und effiziente Ladeinfrastruktur zu schaffen. Ein gut vernetztes Ökosystem ist für den Erfolg in der Elektromobilität unabdingbar. Nachhaltigkeit ist für uns bei DB Schenker ein besonders wichtiges Thema, doch die Energiewende ist eben eine gemeinschaftliche Aufgabe. Das schafft niemand allein. Das Joint Venture Milence ist ein gutes Beispiel hierfür. Wettbewerber kooperieren, um die Umstellung auf elektrische Antriebe erfolgreich zu gestalten.

DB Schenker testet derzeit in Österreich den Einsatz automatisierter Elektro-Lkw im öffentlichen Verkehr. Gibt es schon – vielleicht überraschende – Erkenntnisse?

Der aktuelle Test automatisierter Elektro-Lkw in Gunskirchen zeigt, dass autonomes Fahren im realen Betrieb auch in komplexen Umgebungen und unter schwierigen Wetterbedingungen funktioniert. Der erfolgreiche Abschluss dieses Leuchtturmprojekts ist ein wichtiger Schritt für DB Schenker, um vollautonomes Fahren im Gütertransport weltweit voranzutreiben. Was aufgezeigt wurde ist, dass es, wenn die regulatorischen Rahmenbedingungen es zulassen, bereits Einsätze für autonome Fahrzeuge im öffentlichen Verkehr gibt. Anzumerken ist, dass der Job des Lkw-Fahrers dabei nicht verschwinden wird, sondern es aufgrund der Fahrermangels nötig sein wird, sich auf alternative Technologien einzulassen.

Patric-Hoffmann
Für Patric Hoffmann vom Logistikdienstleister DB Schenker ist die Zusammenarbeit mit anderen Partnern die Basis für ein Gelingen der Energiewende.

Lassen sich die Ergebnisse vom Realeinsatz beim autonomen Fahren in Österreich auch auf andere Länder übertragen bzw. so weit abstrahieren, dass sich allgemeingültige Aussagen für die gesamte Logistik ableiten lassen?

Die Erkenntnisse aus dem Realeinsatz beim autonomen Fahren in Österreich könnten als Grundlage dienen, um allgemeingültige Aussagen für die gesamte Logistik abzuleiten. Allerdings hängt die mögliche Übertragbarkeit auf andere Länder von den spezifischen Rahmenbedingungen und regulatorischen Anforderungen ab. Es wäre daher sinnvoll, vergleichbare Pilotprojekte auch in anderen Ländern, einschließlich Deutschland, durchzuführen, um die Anpassungsfähigkeit der Technologie unter unterschiedlichen Bedingungen zu testen. Das aktuelle Projekt in Österreich spiegelt lediglich einen Use Case von vielen wider, und es braucht natürlich weitere und größere Testszenarien. Ziel des Tests in Österreich war es, gemeinsam mit dem Kunden eine autonome 24/7-Produktionsversorgung sicherzustellen. Dabei wurde der autonome Lkw im durch die EU geförderten Projekt „AWARD“ (All Weather Autonomous Real logistics operations and Demonstrations) aufgesetzt und die autonome Lkw-Beladung im Projekt „HOPPER“ dargestellt. Von dem her haben wir als DB Schenker große Innovationsarbeit geleistet, um die Logistik auf die Zukunft vorzubereiten.

DB Schenker hat schon jetzt mehr als 1,5 Millionen Kilometer mit elektrisch angetriebenen Lkw absolviert, deren Einsatz sich hauptsächlich auf urbane und regionale Zentren konzentriert. Was benötigen Sie, um E-Lkw auch für den Fernlastverkehr einzusetzen?

Die Anlieferung in urbanen Zentren ist ein erster wichtiger Schritt, um die Feinstaubbelastung in den Städten und auch die Lärmemissionen zu senken. Dazu ist die „Betankung“ mit einer einfacheren 22-kW-AC-Ladestation über Nacht meist ausreichend. Deshalb haben wir als DB Schenker bereits seit 2017 die ersten E-Lkw im Nahverkehr im Einsatz. Aber natürlich gehen wir hier gerne gemeinsam mit unseren Kunden die nächsten Schritte und setzen alternative Antriebe ein, wo es möglich ist. Dazu ist eine ausreichende Anzahl öffentlicher Ladestationen, Stellplätze für die Lkw und eine Ertüchtigung der Stromnetze notwendig. Zusätzlich sind vereinfachte Antrags- und Planungsverfahren sowie der Ausbau von Park- und Rastplätzen notwendig. Eine erfolgreiche Umstellung erfordert nicht nur das Engagement der freien Wirtschaft, sondern auch Unterstützung durch den Gesetzgeber, wie zum Beispiel durch Förderungen. Die KsNI-Förderung, ein staatliches Programm zur Förderung von leichten und schweren Nutzfahrzeugen mit alternativen, klimaschonenden Antrieben und dazugehöriger Tank- und Ladeinfrastruktur für elektrisch betriebene Nutzfahrzeuge in Deutschland, war ein guter Beginn, jedoch bringt es große Unsicherheit für den Markt, wenn eine Förderung, die bis 2026 geplant war, bereits nach zwei Förderaufrufen im Jahr 2023 vorläufig gestoppt wird. Hoffentlich kommt es hier zu einer Verlängerung. Nicht zuletzt muss der Bund den Ausbau der Autobahn-Park- und -Rastplätze in öffentlicher Hand vorantreiben, um die flächendeckende Integration von Elektro-Lkw im Fernlastverkehr zu ermöglichen.

Über den Interviewpartner

Patric Hoffmann ist Senior Vice President Global Ventures and Innovation beim Logistikdienstleister DB Schenker. Hoffmann hat einen MBA-Abschluss der Alliant International University in San Diego/USA mit Schwerpunkt strategisches Management und verfügt über Erfahrungen in den Bereichen Logistik, Supply Chain Management und E-Commerce. Der studierte Betriebswirt ist ein leidenschaftlicher Anhänger von Innovationen und neuen Geschäftsmodellen.