Im Interview: Christoph Holzer, Geschäftsführer der SPAR-Zentrale Graz, Karlheinz Riedl, Bereich Zentrales Transportwesen, und Martin Neumann, Lkw-Fahrer und eTruck-Tester.
Hallo Herr Holzer, Herr Neumann, Herr Riedl – wie macht sich der elektrische Neuzugang in Ihrem Fuhrpark?
Mag. Christoph Holzer: Was ich von meinem Team höre, ist, dass er bislang absolut problemlos funktioniert, was Reichweite und Zuverlässigkeit betrifft. Bei einer guten Ausnutzung. Wir sind bisher noch nie an die Reichweitengrenzen gestoßen.
Martin Neumann: Ich finde es schlicht genial, mit ihm zu fahren. Kann man nicht beschreiben, muss man selbst mitmachen. Ich möchte den eLkw auch ungern wieder hergeben.
Karlheinz Riedl: Sehr gut! Es ist für mich auch immer eine Frage, mit welchem Elan man an das Thema herangeht. Man muss das „leben“ und es in den Arbeitsalltag integrieren. Ich glaube, das ist uns mit dem Fahrzeug ganz gut gelungen.
Wieso beteiligt sich SPAR an dem Praxisfeldversuch von MAN?
Mag. Christoph Holzer: Die Mobilitätsstrategie von SPAR ist schon seit geraumer Zeit klar darauf ausgerichtet, sich intensiv mit alternativen Möglichkeiten zu beschäftigen. Vor einigen Jahren gab es bereits einen ersten Versuch mit einem Hybrid-Lkw im Stadtgebiet von Wien. Als das Thema eLkw im Council für nachhaltige Logistik (CNL) aufkam, war für mich klar, dass unser Standort Graz-Puntigam sich perfekt anbietet. Er ist die einzige Zentrale, die wirklich mitten in einem Großstadtgebiet liegt. Wir haben über 40 Kunden, SPAR- und InterSPAR-Märkte, die wir mit einer Reichweite von bis zu 180 Kilometern beliefern können.
Wie kommt der MAN eTGM bei Ihnen zum Einsatz?
Karlheinz Riedl: Er ist mit Kühlkofferaufbau, elektrischer Kühlung und Ladebordwand für die Lebensmittellogistik ausgelegt und wird bei uns in allen Lieferbereichen im Zweischichtbetrieb disponiert. Ziemlich genau der gleiche Einsatz wie der unserer Standardfahrzeuge, mit dem Unterschied, dass man die Ladezeiten berücksichtigen muss.
Martin Neumann: In der Frühschicht fahre ich drei bis vier Kunden an, was sich auf etwa 70 Kilometer addiert. Der Kollege am Nachmittag ebenso. Ich nutze dabei derzeit maximal rund 50 Prozent des Akkus. Stand aktuell könnten wir sogar beide Schichten fahren, ohne in der Mittagspause zu laden. Aber da wir Verderbliches an Bord und Zeit-Slots bei den Kunden haben, gehen wir auf Nummer sicher.
Kann man den eTGM mit einem herkömmlichen TGM vergleichen?
Martin Neumann: In Sachen Leistung ist er eher „unvergleichlich“. Er hat umgerechnet 360 PS, mein dieselbetriebener Vorgänger hatte 460 PS. Er hat also 100 PS weniger, beschleunigt aber einfach enorm. Ich habe mich außerdem schnell dran gewöhnt, dass bestimmte Geräusche fehlen. Wobei ich sie nicht vermisse. Na ja, und die erste Tätigkeit am Morgen ist das Prüfen, ob er vollgeladen ist. Aber das ist eigentlich nicht anders als Tanken. Außerdem wird man mit dem eLkw natürlich sehr oft von Passanten und anderen Lkw-Fahrern angesprochen. Die sehen die Beschriftung und wollen wissen, ob es wirklich ein zu 100 Prozent elektrisch angetriebener Lkw ist. Da sag ich dann halt „Ja“. Die meisten sind erst etwas ungläubig, aber dann fasziniert.
Das klingt, als wäre der MAN eTruck schon ein ziemlich praxistaugliches Modell?
Karlheinz Riedl: Wir betreiben hier am Standort in Graz 28 Lkw im Eigenfuhrpark, überwiegend MAN der Modellreihe TGS, alles 26-Tonner. Daher passt der MAN eTGM sehr gut zu uns.
Die eMobility als Zukunft der Logistik, ist das für Sie vorstellbar?
Mag. Christoph Holzer: Ich denke, es wird sich in den nächsten Jahren herausstellen, ob das in einem größeren Stil umsetzbar ist. Dabei geht es ja nicht nur um technische Lösungen, sondern natürlich auch um die Kostenfrage. Wie viel kostet so ein Lkw, wenn er in eine Serienfertigung kommt, und ist unter Umständen auch die Politik bereit, da durch Förderung einen Teil beizutragen? Das Thema setzt sich für mich aus verschiedenen Bausteinen zusammen.
Karlheinz Riedl: Entscheidend für das Thema Elektromobilität in der Logistik ist neben der Weiterentwicklung der Energiespeicher, also größere Reichweiten bei niedrigeren Kosten, auch das Thema Ladeinfrastruktur. Über einen 44-kW-Lader einen eLkw einzubinden war kein Problem und ist auch von den Kosten her vertretbar. Wenn ich allerdings für eine Flotte ins High-Power Charging gehen möchte, sehen die Investitionen dafür etwas anders aus.
Die Kosten sind also noch ein Nachteil – was sehen Sie als Stärke?
Mag. Christoph Holzer: Da wir den eTruck mit Grünstrom betreiben, sind mit ihm lokale Emissionseinsparungen von rund 40 Tonnen CO₂ pro Jahr realistisch. Graz ist eine der am schwersten mit Feinstaub belasteten Städte Österreichs. Ich schätze, die Stärke erklärt sich von selbst.