1901 führte das Schicksal die beiden schwedischen Unternehmen Vabis und Scania zum ersten Mal zusammen. In diesem Jahr fand erstmals in Schweden eine Automobilausstellung statt. Sowohl Vabis aus Södertälje als auch Scania aus Malmö stellten in der Hauptstadt Stockholm ihren jeweils ersten Pkw-Prototypen vor. Ob die Mitarbeiter der beiden Firmen bei dieser Gelegenheit Erfahrungen austauschten oder vielleicht sogar zusammen zu Mittag aßen, ist nicht überliefert. Fest steht jedoch: Zehn Jahre später taten sie dies, und zwar regelmäßig. Denn 1911 schlossen sich die beiden schwedischen Fahrzeughersteller unter der Führung von Scania-Direktor Per Alfred Nordeman zum neuen Unternehmen Scania-Vabis zusammen. Es war der Beginn einer bis heute anhaltenden Erfolgsgeschichte.

Der Fusion vorausgegangen waren ereignisreiche Jahre für beide Unternehmen. Vabis war 1891 als Waggonfabrik in Södertälje gegründet worden und hatte während des Eisenbahn-Booms in Schweden einen beachtlichen Aufstieg hingelegt. Auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern hatte der damalige Vabis-Chefingenieur Gustaf Erikson bereits 1897 das erste schwedische Automobil konstruiert – eben jenen Wagen, der später in Stockholm gezeigt wurde.

Scania wiederum war im Jahr 1900 in Malmö als Fahrradfabrik gegründet worden. Schnell jedoch befasste sich das Unternehmen auch mit dem noch ganz neuen Automobil und fertigte aus zugekauften Bauteilen ebenfalls einen Pkw – der auch in Stockholm ausgestellt wurde.  Beide Unternehmen agierten zu diesem Zeitpunkt noch völlig unabhängig voneinander. Dies blieb auch so, als sie 1902 zum ersten Mal einen Lkw aus den Werkshallen rollten. In der Folge entwickelte sich das Fahrzeuggeschäft von Scania langsam, aber stetig. Vabis hingegen rutschte in eine Krise. Der Grund : Hauptgeschäft des Unternehmens war, trotz eigener Pkw- und Lkw-Modelle, noch immer der Waggonbau. Das schwedische Eisenbahnnetz jedoch war weitgehend ausgebaut, neue Waggons wurden kaum noch gebraucht.

Das war die höchst ungleiche Ausgangslage, in der Scania-Direktor Alfred Nordeman den richtungsweisenden Einfall für den Zusammenschluss hatte. Er lag richtig mit seiner Überzeugung, dass beide Unternehmen von der neuen Verbindung profitieren würden: Scania erhielt die dringend benötigten Produktionskapazitäten.  Vabis wiederum konnte sich ganz auf einen neuen, verheißungsvollen Markt konzentrieren. Denn Nordeman stellte Scania-Vabis neu auf: Ab sofort wurden keine Fahrräder oder Waggons mehr produziert, sondern ausschließlich Lastwagen, Busse und Automobile.

Die Produktpalette wurde 1921 noch weiter zugespitzt, als die Fertigung von Pkw eingestellt wurde. Die Verantwortlichen bei Scania-Vabis hatten erkannt, dass durch eine Fokussierung auf Lkw und Busse die Kompetenz ihrer Ingenieure viel besser gebündelt werden konnte. Eine Entscheidung, die bald Früchte trug. Die Produktionszahlen stiegen. Immer wieder überraschte Scania-Vabis Kunden und Fachwelt mit Innovationen. Manche davon, wie der erste Frontlenker-Bus (1932) oder der erste Frontlenker-Lkw (1939), entsprangen allein der hauseigenen Entwicklungsabteilung. Andere wurden mit Unterstützung von Partnern realisiert. 1949 beispielsweise stellte Scania-Vabis in Kooperation mit dem britischen Fahrzeughersteller Leyland einen Dieselmotor mit Direkteinspritzung vor. 1953 entstand der Stadtbus "C50 Metropol" in einem Joint-Venture mit dem US-Nutzfahrzeughersteller Mack. Mack seinerseits importierte tausende von Scania-Vabis-Motoren in den folgenden Jahrzehnten.

1969 erfolgte der Zusammenschluss von Scania-Vabis mit dem schwedischen Flugzeug- und Automobilhersteller Saab. Das Unternehmen aus Södertälje wurde in der Folge zu einer Division der Saab-Scania-Group – der Name Vabis entfiel. Was blieb, war die konsequente Kundenorientierung der Lkw- und Bus-Spezialisten. Die einmal mehr deutlich wurde bei der Vorstellung des legendären 14-Liter-V8-Dieselmotors auf der IAA des Jahres 1969. Das Aggregat war der damals stärkste Lkw-Motor in Europa und wurde zum Aushängeschild von Scania. Bis heute prägt der V8 das Scania-Image ebenso kraftvoller, wie effizienter Verlässlichkeit.

Nach 26 Jahren, die für Scania überaus erfolgreich waren, wurde die Fusion mit Saab 1995 wieder aufgelöst. Der Grund waren industriepolitische Entscheidungen von Saab und des US-Autobauers General Motors, der 1989 bei Saab-Scania eingestiegen war. Scania war fortan ein unabhängiges Unternehmen. Noch im gleichen Jahr wurde die neue Lkw-Baureihe 4-Series vorgestellt, an deren Design das italienische Studio Bertone mitgearbeitet hatte, und die in technischer Hinsicht mit einem Opticruise-Automatikgetriebe glänzte. Im Jahr darauf erhielt der Fernverkehrs-Lkw die Auszeichnung "European Truck of the Year".

Die bislang letzte große Fusion in der Unternehmensgeschichte von Scania wurde im Jahr 2000 eingeleitet, als die Volkswagen AG sich an dem schwedischen Unternehmen beteiligte. 2008 schließlich wurde Scania als neue Marke in den VW-Konzern integriert. Heute ist das schwedische Unternehmen ein Teil der aus Volkswagen Truck & Bus hervorgegangenen TRATON GROUP, deren Aktien an den Börsen in Frankfurt am Main und Stockholm notiert sind.