Der Scania-Messestand auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt im September 1969 sah nüchtern aus: ein Lkw und davor ein Motor auf einem Podest. Mehr nicht. Der zurückhaltende Auftritt bei der IAA bedeutete jedoch eine Sensation für die Nutzfahrzeugwelt. Denn bei dem Motor handelte es sich um einen 14-Liter-V8-Turbodiesel mit 350 PS Leistung. Es war beinahe unglaublich. Nie zuvor hatte es einen so starken Lkw-Motor in Europa gegeben. 250 PS – das war zu dieser Zeit üblicherweise das Limit bei Fernverkehrslastwagen. Die nun in Frankfurt vorgestellte Maschine entwickelte nicht nur eine enorme Kraft, sondern tat dies auch mit erstaunlicher Effizienz, mit unerschütterlicher Zuverlässigkeit und einem unvergleichlichen Sound. "King of the Road" titelte die Fachpresse. Scania hatte ein Ausrufezeichen gesetzt. Heute ist der V8-Motor eine Ikone des Unternehmens. Damals war er eine Innovation. Ein wegweisendes Aggregat, das Kundenerwartungen erfüllte, von denen diese selbst noch gar nicht wussten, dass sie sie hatten. Damit war das V8-Kraftpaket typisch für Scania, ein Unternehmen, das sich bis heute durch visionären Unternehmergeist, technische Spitzenleistungen und einen ganz besonderen Blick für die Bedürfnisse der Kunden auszeichnet.

Unternehmergeist und visionären Wagemut bewies schon Philip Wersén, als er am 11. Dezember 1891 im schwedischen Södertälge die "Vagnfabriks Aktie Bolaget i Södertelge" – kurz: VABIS – gründete. Wersén ließ Waggons herstellen, denn zu dieser Zeit wuchs das schwedische Eisenbahnnetz rasant und die neuen Eisenbahngesellschaften benötigten dringend Wagen für Menschen und Güter. Bald jedoch weitete die "Vagnfabriken" ihr Produktportfolio. Das war vor allem dem Ingenieur Gustaf Erikson zu verdanken, der 1896 in die noch junge Firma eintrat. Erikson war begeistert vom Automobil. Er entwickelte einen Verbrennungsmotor und baute noch 1897 einen viersitzigen Pkw – das erste schwedische Automobil, das heute im "Tekniska Museet" in Stockholm zu sehen ist. Und weil sich Vagnfabriken mit Güterwaggons bestens auskannte, war der Weg vom Auto zum Lastwagen nicht weit. 1902 rollte der erste Vabis-Lkw aus den Werkshallen, ein Lastwagen mit Zweizylinder-Boxermotor, 9 PS Leistung, 12 km/h Höchstgeschwindigkeit und einer Nutzlast von 1,5 Tonnen. Im Jahr 1907 entstand eine neue Fabrik gegenüber jener für die Eisenbahnwaggons, in der fortan Motoren und Straßenfahrzeuge unter dem Markennamen VABIS in Serie produziert wurden.

Auch knapp 600 Kilometer südwestlich von Södertälje, in Malmö, entstand 1902 erstmals ein Lkw, und zwar bei der zwei Jahre zuvor als Fahrradhersteller gegründeten Firma Scania. 1911 fanden die beiden Unternehmen zusammen, firmierten fortan unter Scania-Vabis und konzentrierten sich ganz auf den Bau von Lastwagen, Bussen und anfangs auch noch Pkw. Der neue Fahrzeughersteller Scania-Vabis verwirklichte in den Folgejahren Technologien und Prinzipien, die Scania noch heute prägen. Unter anderem entwickelte Chefingenieur Gustaf Erikson 1916 den ersten V8-Motor der Firma, der ursprünglich für den Einsatz in Schiffen konzipiert wurde, tatsächlich jedoch als Generator in Lokomotiven Verwendung fand.

Vor allem aber entwickelte sich ein neuer Umgang mit den Kunden. Die zentrale Frage lautete fortan: Wie können wir ihre Anforderungen und Erwartungen bestmöglich erfüllen? Ein Auslöser dafür waren die Olympischen Sommerspiele 1912 in Stockholm. Die Stadt wollte zu diesem Anlass neue, moderne Feuerwehrautos anschaffen. Stockholm musste sie in Deutschland kaufen, denn es gab keine schwedischen Fabrikate. Das änderte sich umgehend: Scania-Vabis baute noch im gleichen Jahr den ersten Mannschaftswagen für die Feuerwehr in Stockholm und das erste Feuerwehrauto, für die Feuerwehr in Norrköping. 1922 fertigte das Unternehmen spezielle Postautobusse für Nordschweden. Im Winter konnten diese Fahrzeuge auf Kettenantrieb umgerüstet und zudem mit einem Schneepflug ausgestattet werden. Dadurch war es möglich, auch nach starken Schneefällen sowohl zuverlässig Fahrgäste und Postsendungen zu befördern, als auch gleichzeitig die Straßen zu räumen. An der Bereitschaft, jegliche Kundenwünsche zu erfüllen, hat sich nichts geändert. Ein aktuelles Beispiel ist etwa die Umrüstung eines Lkw zu einer mobilen Ski-Wachskabine für die schwedische Langlauf-Nationalmannschaft.

Diese größtmögliche Flexibilität den Kunden gegenüber basiert auf einer technischen Grundsatzentscheidung, die bis in die 30er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurückreicht. Schon damals begannen die Ingenieure bei Scania-Vabis, zunächst bei Motoren, möglichst viele Gleichteile zu konstruieren. Der Royal-Dieselmotor, der 1939 vorgestellt wurde, war erstmals modular aufgebaut. Es gab ihn in Varianten mit vier, sechs oder acht Zylindern. Das Prinzip wurde über die Jahrzehnte immer weiter verfeinert, bis schließlich 1980 die GPRT-Lkw-Baureihe vorgestellt wurde, die erste komplett modular aufgebaute Lkw-Generation des Unternehmens. Die Stärke des Chassis, die Art der Motoren und Getriebe, die Form, Höhe und Größe der Kabine –all diese Parameter ließen sich jetzt erstmals nach Kundenwunsch kombinieren. Das Modularitätskonzept wurde rasch auch in den Produktionsstätten in Südamerika und Asien eingeführt – was für die Kunden weltweit maximale Wahlmöglichkeiten bedeutet. Und für Scania größtmögliche Effizienz in der Fertigung.

Unternehmergeist, Innovationsfreude und Kundenorientierung prägen Scania auch heute. Sie sind das Fundament für weitere Kernwerte wie Nachhaltigkeit, Teamgeist und Integrität. Und für erstklassige Produkte. Scania arbeitet als Teil der TRATON GROUP optimistisch und fokussiert an einer umweltverträglichen und digitalen Zukunft des Transports.